ROLLE DER SOZIALPARTNER AUF EUROPÄISCHER UND NATIONALER EBENE AUS DEM BLICKWINKEL DER ARBEITGEBERSEITE

Dr. Akos Zoltay
Generalsekretär des Ungarischer Bergbauverbandes
Co-Vorsitzender seitens der Arbeitgeber im ungarischen Branchendialogausschuss Bergbau
Amtierender Vorsitzender des EU-Sozialdialogausschusses für die Förderindustrie

In der Europäischen Union haben die Wurzeln des Sozialdialogs im Bergbau auf Branchenebene eine jahrzehntelange Vergangenheit, denn zur Bewältigung der Konfliktsituationen, die im Zuge des Strukturwandels (Rückentwicklung) im Kohlebergbau entstanden waren, gewann die anfangs spontane Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zunehmend an Gewicht und Bedeutung.

Es entstand eine spezielle Situation, denn durch die Weltwirtschaftstendenzen gerieten sowohl die Arbeitgeber als auch die Arbeitnehmer in eine ungünstige Lage. In großer Zahl verloren so die Arbeitgeber ihre Bergbauunternehmen und die Arbeitnehmer Arbeitplätze und die Basis für ihren Lebensunterhalt. Es lag in beiderseitigem Interesse, durch Umschulung und Fortbildung der Beschäftigten sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze unter Einsatz ungemein großer EU-Mittel diesen Prozess in den damaligen EU-Mitgliedsstaaten möglichst schmerzfrei zu bewältigen und den drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu mindern.

Zwei Gemeinschaftsdokumente waren von entscheidender Bedeutung für die Errichtung der allgemeinen institutionellen Rahmenbedingungen des EU-Branchendialogs:
- einerseits, verknüpft mit der „Lissabon-Strategie“ der „Sozialpolitische Fahrplan“, dessen Ziel als gemeinsamer Arbeitsplan der Mitgliedsstaaten für den Zeitraum von 2000 bis 2005  eine Erhöhung in der Qualität der Arbeitsbeziehungen war,
- und andererseits die Mitteilung der Europäischen Kommission (COM/2002/ 341 final: The European Social Dialogue, a Force for Innovation and Change), die den europäischen Sozialdialog nicht als Zusammenarbeit an sich oder für sich selbst interpretierte, sondern vor allem als Motor für Innovation und Veränderungen.

Für die Umsetzung der Zielsetzungen in diesen beiden Dokumenten besitzen die Sozialpartner auf Arbeitgeber- wie auf Arbeitnehmerseite entscheidende Bedeutung.

Auf Arbeitgeberseite sind im EU-Branchensozialdialogausschuss Förderindustrie (Bergbau) wichtige internationale Organisationen aus den einzelnen Bergbaubereichen vertreten:  EUROMINES, EURACOAL, IMA, APEP.

Für diese europäischen Arbeitgeberfachorganisationen ist die Verwirklichung der Zielsetzungen in der „Lissabon-Strategie“ als Teil der „nachhaltigen Entwicklung“ außerordentlich wichtig. Die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit hängt eng mit der Ausbildung von Arbeitskräften, einem positiven Umfeld am Arbeitsplatz sowie Fragen der Gesundheit und Sicherheit zusammen. Hierbei ist auf Arbeitnehmerseite die EMCEF der entscheidende Partner.

Für alle ist klar und deutlich, dass eine gut funktionierende Wirtschaft ohne Bergbau- und Förderunternehmen – ohne sichere Energie- und Rohstoffversorgung – unvorstellbar ist. Ohne sie können Arbeitsplätze nicht erhalten und Beschäftigungsmöglichkeiten nicht ausgebaut werden.

Im Rahmen des Sozialdialogs ist die Arbeitnehmerseite engagierter Partner bei den diesbezüglichen Initiativen der Arbeitgeberseite.

Der Ausschuss erörterte und erörtert im Zeichen von Innovation und Wettbewerbsfähigkeit zahlreiche Themen.

Grundsätzliche Interessen der Arbeitgeberseite sind die Betreibung von Förderunternehmen und die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit. Daher werden in erster Linie Themen behandelt, die mit der Wirtschaft zusammenhängen.

Solche sind Antworten auf weltwirtschaftliche Herausforderungen, zum Beispiel

- Antidumping im Zusammenhang mit dem Kali-Bergbau
- Fragen bezüglich der EU-Energieversorgung angesichts der Ölpreisexplosionen, d.h. das Innovationsprojekt, das mit der Entwicklung von „Sauberen Kohletechnologien“, gestützt auf die europäische Basis, auf eine Verringerung der Importabhängigkeit abzielt.
- Zusammenhänge zwischen der EU-Energiepolitik und –Rohstoffstrategie sowie der Förderindustrie
- ferner all die Probleme, die sich aus der steigenden Zahl an EU-Richtlinien und Verordnungen im Bereich Umweltschutz ergeben und sich auf die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der Union – und hier der einzelnen Mitgliedsländer - außerordentlich nachteilig auswirken. (Dazu gehören Fragen der CO2-Quoten, die Nationalen Verteilungspläne, Beschränkungen durch NATURA 2000 und REACH.) Diese Tendenz steht nämlich nicht im Einklang mit dem Bemühen der EU, „für Wirtschaftswachstum, soziale Kohäsion und Umweltschutz gleichzeitig, auf einmal und nicht zum gegenseitigen Schaden zu sorgen“.

Neben wirtschaftlichen Themen sind auch Fragen der Gesundheit und Sicherheit wichtig. Ausdruck dessen ist die im Zuge des Sozialdialogs geschlossene Vereinbarung, die auf die Eindämmung von Gesundheitsschäden, verursacht durch Siliziumkristalle, abzielt. Dieses gemeinsame Dokument der EMCEF und der Arbeitgeberfachverbände in Union ist auch mit Blick auf die EU-Erweiterung von Beispielcharakter.

In der Union hat in fachlichen und politischen Kreisen eine breite Debatte zur Stärkung der sozialen Verantwortung von Unternehmen und der Arbeitnehmerrechte begonnen. Ausgangspunkt dafür war das im Juli 2001 veröffentlichte Grünbuch „Über die Förderung eines Europäischen Rahmens für die Soziale Verantwortung der Unternehmen“ (COM /2001/ 366 final: Green paper on Promoting a European framework for Corporate Social Responsibility).
Dem folgte 2002 die EU-Mitteilung „Soziale Verantwortung der Unternehmen – Beitrag der Unternehmen zur nachhaltigen Entwicklung“ (COM /2002/ 347 final: Corporate Social Responsibility. A business contribution to sustainable development.)

Die Arbeit des ungarischen Branchendialogausschusses Bergbau – aus Arbeitgebersicht

Die Errichtung des institutionellen Rahmens für den Sozialdialog war eine Bedingung für den Beitritt Ungarns zur Europäischen Union.

Im Bergbau hatte der Dialog schon eine Vorgeschichte, da Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen bereits im Zuge des Strukturwandels eine enge Zusammenarbeit entwickelten.

Als Fachverband zur Vertretung der Arbeitgeberinteressen entstand 1992 der Ungarische Bergbauverband, der heute die gesamte Bergbauindustrie repräsentiert und von Anfang an eine gute Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft der Beschäftigten in der Bergbau- und Energieindustrie pflegte.

Der Branchendialogausschuss Bergbau wurde im Mai 2003 gebildet, arbeitet seitdem kontinuierlich und hat beträchtliche Ergebnisse erreicht.

Aus Arbeitgebersicht ragt unter ihnen die erfolgreiche Initiative zur Erhöhung der CO2-Quote heraus, denn es stellte sich heraus, dass Ungarn zu Beginn mit einer irreal niedrigen Menge gerechnet hatte, die nicht nur für Weiterentwicklungen, sondern auch für die Nutzung der bestehenden Kapazitäten nicht ausreichte. Das gemeinsame Auftreten wurde von der Regierung gewürdigt, die dann den begründeten Wunsch nach Quotenerhöhung an die EU-Kommission weiterleitete, die selbigem zustimmte.

Aus Sicht der Arbeitgeber sind auch in Ungarn die Fragen der Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit im Branchendialog die wichtigsten. Aus diesem Grunde bringen wir gemeinsam mit der BDSZ die Frage der Energieversorgungssicherheit und der Modernisierung der Energiepolitik sowie der Ausarbeitung einer nationalen Bodenschätzestrategie angesichts der Ölpreisexplosion verstärkt zur Sprache. Es muss sich hierbei um eine Strategie handeln, die dem Bergbau aus volkswirtschaftlichem Interesse heraus durch eine Überprüfung und Änderung der übertriebenen Umweltschutzauflagen Priorität einräumt.

Die Studie, die zum Nationalen Entwicklungsplan durch die Arbeitgeberseite in breiter fachlicher Zusammenarbeit verfasst wurde und einer intensiven Nutzung der natürlichen Ressourcen dient (Teil ist die Einführung der „Saubere-Kohle-Strategie“ in Ungarn) wird als Bestandteil des Branchendialogs auch von der Arbeitnehmerseite weitgehend unterstützt.

In der besonders die Arbeitnehmer betreffende Frage des Rahmenkollektivvertrages für die Branche werden in naher Zukunft Verhandlungen im Branchendialogausschuss Bergbau aufgenommen.

 

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