Die Rolle der Sozialpartner beim Strukturwandel Ungarn

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Erstrangiges Ziel der Arbeitnehmervertretungen und Gewerkschaften ist die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen in der Förderindustrie. Charakteristisch für den Bergbau ist und bleibt, dass nach dem Abbau der Vorräte in einem Bergwerk die Produktion andernorts aufgenommen werden muss. Auch früher waren Arbeitsplatzveränderungen innerhalb des Bergbaus Gang und Gäbe,  doch der Bergmann bekam auch dann einen anderen Arbeitsplatz als Bergmann. Heute, nach dem Prozess von Bergwerksschließungen, müssen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, die Beschäftigung muss außerhalb des Bergbaus erfolgen. Hierbei kann die gewerkschaftliche Interessenvertretung jedoch nur durch Umbildung, Ausbildung, Kenntniserweiterung und Wissenserwerb im Erwachsenenalter erfolgreich sein. Arbeitsplätze, die abgebaut werden entweder weil die Lagerstätten erschöpft sind oder sich die Nachfrage nach dem betreffenden Rohstoff geändert hat und somit die Förderung unwirtschaftlich geworden ist, bringen den Zwang zum Strukturwandel mit sich.


In Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern muss die Gewerkschaft die zu erwartenden wirtschaftlichen Auswirkungen ebenso wie Möglichkeiten zur sicheren Erhaltung von Arbeitsplätzen prüfen, um auch auf diese Weise ihren Mitgliedern und den von ihr Vertretenen zu helfen. An diesem Zukunftsbild orientiert sich der Arbeitnehmer, um seinen individuelle Laufbahn und Karriere zu planen. Schwer fällt die Planung dann, wenn der Arbeitsplatz unsicher ist und der Arbeitnehmer nicht weiß, wie lange er mit seinem Arbeitsplatz für den Lebensunterhalt seiner Familie sorgen kann. Deshalb bestand das Hauptziel der BDSZ (Ungarische Bergarbeitergewerkschaft) beim Strukturwandel im Bergbau darin, ein Gefühl der Sicherheit unter den Arbeitnehmern zu schaffen und aussichtslose Lebenslagen zu vermeiden, selbst dann, wenn der Arbeitsplatz im Bergbau aufgrund von Zwängen abgebaut wurde. Der erste Schritt hierbei war die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern: Alle Arbeitsplätze im Bergbau haben wir gemeinsam besucht, um zu ermitteln, welche länger- oder kürzerfristigen Beschäftigungsmöglichkeiten es vor Ort gibt, denn in der Bergbauindustrie stellten die Einhaltung der Kohlendioxydquote, Schwefeldioxydemissionen und der liberalisierte Strommarkt wiederum neue Herausforderungen dar.


Erster Schritt in der Zusammenarbeit mit unseren Arbeitgebern war es zu prüfen, welche realen Möglichkeiten es unter den neuen Marktbedingungen für den Bergbaubetrieb gibt. Die zweite Aufgabe, bei der die Sozialpartner zusammenarbeiten können, besteht darin, anhand gemeinsamer Argumente die Arbeitplätze zu erhalten, die ohne Subventionen und längerfristig rentabel sind. Das liegt im gemeinsamen Interesse. In dieser Hinsicht haben die Sozialpartner in Ungarn einen ständigen Dialog geführt und zusammengearbeitet, sowohl auf Betriebs- als auch Branchenebene. Dritter Bereich für die Zusammenarbeit war, dass, wenn Maßnahmen erforderlich waren, diese human durchgeführt und mehr beinhalten, als gesetzlich vorgesehen. Bei diesem Prozess gelang es, einerseits mit den Arbeitgebern und andererseits mit der Regierung zu vereinbaren, die Bedingungen für die Pensionierung zu verbessern, Vorrruhestandsregelungen etwas günstiger zu gestalten und die einmaligen Unterstützungsgelder bereitzustellen, die für den Neuanfang gebraucht werden, so für den Wohnortswechsel oder die Beschaffung eines neuen Arbeitsplatzes.


In diesem Bereich fiel die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern zwar etwas geringer aus, doch mit der Regierung konnte eine angemessene Vereinbarung geschlossen werden.  Was den Strukturwandel unter dem Arbeitsplatzaspekt anbelangt, ist es ein strategisches Ziel, die Fähigkeit der betreffenden Gemeinden, ihre Einwohnerschaft zu halten, zu verbessern. Das lässt sich nur erreichen, wenn neue Arbeitsplätze in der betreffenden Region entstehen, und diese Arbeitsplätze zumindest das gleiche Einkommen und die gleiche Lebensqualität sichern, wie zuvor im Bergbau. Wie in ganz Europa hat auch in Ungarn ein Prozess zur Förderung von Bergbausiedlungen und der Schaffung von Arbeitsplätzen eingesetzt, in dessen Ergebnis hoffentlich immer neue Arbeitsplätze entstehen. Geholfen hat dieser Prozess bereits in der Hinsicht, dass die Arbeitslosenrate in Bergbaugemeinden wie Dorog, Tatabánya, wo früher der Kohlebergbau bestimmend war, heute minimal ist.


Auf Basis ihrer gemeinsamen praktischen Erfahrungen und Zusammenarbeit können die Sozialpartner auch Arbeits- und Kooperationskultur mit sich nehmen, denn in der betreffenden Region kann es vorkommen, dass dort genau die gleichen Manager wie früher bei den Bergbauunternehmen arbeiten und auch die Arbeitnehmer bleiben können.  Ein wichtiger Aspekt dieser Zusammenarbeit ist der Tarifvertrag, der den Arbeitnehmern im Zuge des Strukturwandels durch Kündigungsschutz und gegebenenfalls eine Erhöhung der Abfindungssumme auch eine Art Sicherheit bot. So ist der Tarifvertrag im Alltag ein Plus, das die Abhängigkeit der Arbeitnehmer verringert und ihnen ein besser kalkulierbares Zukunftsbild ermöglicht. Aus diesem Grunde ist dieses Dokument, durch das der Arbeitsplatz wieder menschlichen Charakter erhält, bewahrt werden kann und sicher wird, das wichtigste in der Zusammenarbeit zwischen den Sozialpartnern.